Meldungen aus dem Bezirksverband Oberfranken
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100 Jahre Volkstrauertag: Zentrale Landesfeier in Bayreuth

100 Jahre Volkstrauertag: Volkstrauertag-Landesfeier in Bayreuth an der Kriegsgräberstätte St. Georgen. Hier ruhen 992 Tote des Zweiten Weltkrieges. Rainer Herzog

Die Zentrale Gedenkfeier in Bayern zum Volkstrauertag fand am Samstag, 12. November in Bayreuth statt. Zuletzt war die „Wagnerstadt“ 2008 Austragungsort der Landesfeier.

Vor 100 Jahren, am 5. März 1922 fand die erste offizielle, vom Volksbund initiierte Volkstrauertagfeier, in Berlin statt. Reichstagspräsident Paul Löbe hielt eine im In- und Ausland vielbeachtete Rede, in deren Mittelpunkt er weniger als vier Jahre nach Kriegsende zur Versöhnung der ehemaligen Gegner aufrief. Bereits ein Jahr zuvor, am 6. März 2021 war im Festspielhaus in Bayreuth ein zentrales Kriegstoten-Gedenken in Bayern mit 3.000 Teilnehmern durchgeführt worden.
 

Kranzniederlegung an der Kriegsgräberstätte

Im Herbst 1944 wurde ein Teil des Friedhofes im Stadtteil St. Georgen letzte Ruhestätte von Soldaten, die in Bayreuther Lazaretten gestorben waren. So z.B. im Reservelazarett IV, die ehemalige Oberrealschule, das heutige Graf-Münster-Gymnasium. Drei schwere alliierte Luftangriffe im April 1945 forderten 741 überwiegend zivile Todesopfer. 1950 gestattete die Evangelisch-lutherische Kirchenverwaltung dem Volksbund die Anlage zu erweitern und endgültig zu gestalten. Baubeginn war 1952, zwei Jahre später wurde die Kriegsgräberstätte, die größte ihrer Art in Oberfranken, feierlich eingeweiht. Heute ruhen hier auf einer Fläche von 2.740 m² insgesamt 992 Tote des Zweiten Weltkrieges, 99 von ihnen stammen aus anderen Nationen. 163 Tote sind unbekannt, nur Gott kennt ihre Namen.

Oberbürgermeister Thomas Ebersberger begrüßte die zahlreichen Anwesenden, unter ihnen zahlreiche hochrangige Vertreter des öffentlichen Lebens, u.a. Thorsten Glauber, Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, I. Landtagsvizepräsident Karl Freller und den Kommandeur im Landeskommando Bayern, Brigadegeneral Thomas Hambach und stellte die Kriegsgräberstätte, eingebettet in den historischen Kontext, vor.

Die Zeremonie wurde durch eine Andacht der Konzelebranten Dekan Dr. Heinrich Hohl (r.-k.) und Pfarrerin Dr. Irene Mildenberger (evang.-luth.) geistlich begleitet.

Es wurden Kränze folgender Institutionen, Verbände und Vereine niederlegt:
Bayerische Staatsregierung, Bayerischer Landtag, Stadt Bayreuth, Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Arbeitsgemeinschaft der Reservisten-, Soldaten- und Traditionsverbände in Bayern (ARST), Bundespolizei, Landsmannschaft Schlesien

Musikalisch umrahmt wurde die Kranzniederlegung durch den Posaunenchor Bayreuth-St. Georgen unter der Leitung von Klaus Oetter und den Trommlerzug Wallenfels unter der Leitung von Reinhard Stumpf. Intoniert wurden durch die Bläser die Choräle „Weiß ich den Weg auch nicht“ von Johann Bacchus Dykes und Mozarts „Gebet - Auf der Andacht heil´gem Flügel“, „Das Lied vom guten Kameraden“, die Bayernhymne, die Nationalhymne und – ganz bewusst - die Europahymne.

Unter Trommelklängen zogen die Teilnehmer in einem Schweigemarsch durch den Friedhof zur Ordenskirche und hielt an den ebenfalls mit Kränzen geschmückten Stationen „Franzosengrab 1870/71“ und „Feuerwehrgedenkstein“ inne. Oberstleutnant d.R. Martin Götz bzw. Altstadtrat Ernst-Rüdiger Kettel erläuterten die beiden Gedenkorte. Der Stv. Generaldelegierte des Souvenir Français für Deutschland, Pierre M. Wolff, legte als Zeichen der Verbundenheit seitens der Französischen Kriegsgräberfürsorge einen Kranz am Grab der sechs in Gefangenschaft verstorbenen Franzosen nieder.

Saalfeier in der Ordenskirche

Die Saalfeier in der Ordenskirche, einem Juwel des markgräflichen Barocks, eröffnete Oberbürgermeister Thomas Ebersberger. Einleitende Gedanken zum Volkstrauertag sprach Regierungspräsident a.D. Wilhelm Wenning, Landesvorsitzender des Volksbundes. Er verlieh dabei den Toten der Kriege seine Stimme:
„Die Toten schweigen nicht. Sie sprechen leise zu uns
Mein Erfrieren in der eisigen Steppe
Mein Ertrinken im Atlantik
Mein Verhungern während der Belagerung
Mein Verdursten in der Wüste Nordafrikas
Mein Verbrennen im nächtlichen Bombenhagel
– war das nicht Mahnung genug?“

2,8 Millionen Tote auf 832 Kriegsgräberstätten des Volksbundes weltweit und 167.000 Kriegstote ver­schiedener Nationen auf Friedhöfen in Bayern, erinnern an den hohen Preis, den die Menschheit zahlen musste. Vielleicht, so Wenning, werde das von vielen nicht mehr wahrgenom­men, der Volksbund werde aber „nicht aufhören, den Toten der Kriege und ihren Angehörigen Gehör zu verschaffen."

Die Gedenkrede für die Bayerische Staatsregierung hielt Staatsminister Thorsten Glauber. Er lenkte den Blick zurück auf die Jahre 1921 und 1922, als kurz nach dem Ersten Weltkrieg eben hier in Bayreuth ein erstes großes Kriegstoten-Gedenken und ein Jahr später in Berlin erstmals reichsweit der Volkstrauertag ausgerichtet wurde. Vielen Menschen in Deutschland fehlte ein Ort der Trauer. Väter, Söhne, Männer, Brüder waren auf Schlachtfeldern geblieben oder von den neuen Artilleriewaffen bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Es gab noch keine Gräber, die Tränen, Gebete und Gedanken hätten auffangen können. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge nahm sich dieser Not an und etablierte einen Tag der Erinnerung an die gefallenen Soldaten, einen Tag der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit denen, die um Gefallene trauerten. Aber auch ein Tag der Hoffnung, ein Symbol für einen Aufbruch in eine bessere Zukunft. Sein Großvater, der wiederum den Zweiten Weltkrieg als Soldat miterleben musste, habe, so Glauber, nicht viel über diese Zeit gesprochen. Aber wenn, dann sei seine Mahnung stets folgende gewesen: „Alles dürft Ihr Euch erlauben, nur keinen Krieg mehr!“. Nun sei er aber wieder da, der Krieg in Europa. Krieg, Pandemie, Inflation – die Parallelen zwischen heute und 1922 seien erschreckend und zudem sehen wir uns heute mit weiteren, selbstverschuldeten Krisen konfrontiert: „Der menschengemachte Klimawandel, die menschengemachte Umweltzerstörung und das menschengemachte Artensterben. Wir verlieren etwas, das uns wie geliebte Menschen festigt, das uns ausmacht und das uns Halt gibt. Diese von uns verursachten Veränderungen sollten wir gemeinsam aufhalten und bremsen.“

Einen persönlichen und empathischen Friedensappell richteten Charlotte Keil und Finjo Pieper, Qualifikationsstufe 12 des Graf-Münster-Gymnasiums Bayreuth, an die Zuhörer, indem sie ihre persönliche Situation in nicht allzu großer räumlicher Entfernung von den Kriegsschrecken in der Ukraine reflektierten.

Das offizielle Totengedenken, zu dem sich alle Besucherinnen und Besucher der Saalfeier von Plätzen erhoben, sprach I. Landtagsvizepräsident Karl Freller.

Ein Querflötentrio der Städtischen Musikschule Bayreuth (Mia Bauer, Elisabeth Braig, Paula Nitschke) umrahmte die Saalfeier in stimmungsvoller Weise musikalisch. Dabei kamen „Minuet“ von Henry Purcell, „Sarabande“ von Georg Friedrich Händel und „Largo“ von Arcangelo Corelli zur Aufführung.

Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, Vorsitzende des Bezirksverbandes Oberfranken im
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., dankte in ihrem Schlusswort allen Mitwirkenden herzlich für deren Engagement und den Gästen für den Zuspruch, den die Landesfeier aus ihren Reihen erfahren hat.

Es wirkten bei der Gestaltung der Landesfeier mit (A-Z):
Arbeitsgemeinschaft der Reservisten-, Soldaten- und Traditionsverbände in Bayern
Bayerischer Landtag/Büro I. Landtagsvizepräsident
Bayerische Staatskanzlei/Protokollabteilung
Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz/Ministerbüro
VII. Bereitschaftspolizeiabteilung Sulzbach-Rosenberg
Bundespolizeiabteilung Bayreuth
Bundeswehr, Landeskommando Bayern mit Kreisverbindungskommando Bayreuth-Stadt
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bayreuth-St. Georgen
Fahnenabordnungen der Krieger-, Soldaten- und Reservistenkameradschaften sowie örtlicher Vereine
Freiwillige Feuerwehr Bayreuth-St. Georgen
Friedhofsverwaltung Bayreuth-St. Georgen
Graf-Münster-Gymnasium Bayreuth
Kameradschaft Bayreuther Infanterie
Landsmannschaft Schlesien
Le Souvenir Français
Polizeiinspektion Bayreuth
Posaunenchor Bayreuth-St. Georgen
Reservistenkameradschaft Bayreuth Markgrafenkaserne
Stadt Bayreuth
Städtische Musikschule Bayreuth
Trommlerzug Wallenfels
Turnerschaft Munichia Bayreuth
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (Landesverband Bayern / Bezirksverband Oberfranken)
Wilhelm Reuter Garten- und Landschaftsbau GmbH, Nürnberg

Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden und Besucher sowie an alle unsere treuen Förderer, die die Gedenk- und Friedensarbeit des Volksbundes Anlass bezogen mit ihrer Spende unterstützt haben.